Der Beruf – eine Berufung

Gerüchte, Fakten und Infos rund um die Ausbildung

Als Waldorflehrer*in haben Sie viel Gestaltungsfreiheit. Das bringt gleichermaßen großen Spielraum für die eigene Entfaltung wie auch eine Menge Verantwortung mit sich.

Viele Vorurteile sagen, Waldorflehrer*innen müssten weniger Ausbildung absolvieren als staatlich ausgebildete Lehrkräfte. Das stimmt so nicht. Angehende Waldorflehrer*innen müssen mindestens das Abitur, die fachgebundene Hochschulreife oder einen vergleichbaren Abschluss nachweisen. Je nachdem, welchen Studienabschluss Interessierte an einem der Waldorfseminare anstreben, wird zusätzlich ein Hochschul-, Fach- oder Lehramtsstudium oder eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgesetzt. Durch das breite pädagogische Angebot finden Menschen mit den unterschiedlichsten beruflichen Qualifikationen ein Aufgabenfeld an der Waldorfschule: von Fremdsprachen und Naturwissenschaften über Bildende Kunst und Musik bis hin zu Sport, Eurythmie, Gartenbau, Handarbeit und Werken.

In diesem Film auf YouTube erfahren Sie mehr zum Thema „Waldorflehrer*in werden“:
https://www.youtube.com/watch?v=yBWwb8tdP8E

Was es bedeutet, Waldorflehrer*in zu sein

Es sei an dieser Stelle nicht verschwiegen: Der Beruf ist zeitintensiv und wird teilweise geringer entlohnt, als es die Verbeamtung bei Lehrer*innen an staatlichen Schulen erlaubt. Deswegen sollten Sie Freude, Motivation und Zufriedenheit daraus ziehen, Erziehung aktiv zu gestalten und neben Ihrem Wissen auch Ihre Persönlichkeit einzubringen. Die pädagogische Freiheit, die Arbeit in einer kreativen Atmosphäre frei von Noten- und Versetzungsdruck und die Zeit für intensive persönliche Begegnungen mit Ihren Schüler*innen sind Ihnen Werte an sich.

Sie gestalten Ihre Schule in voller Selbstverwaltung, gemeinsam mit gleichgesinnten Kolleg*innen. Der Lehrplan der Waldorfschule ist ein Rahmenlehrplan, der sich an den Entwicklungsstufen des Kindes orientiert. Als Klassenlehrer*in begleiten Sie Ihre Schüler*innen in der Regel von der ersten bis zur achten Klasse und gestalten den Epochenunterricht, der in der Oberstufe von Fachlehrer*innen übernommen wird. Dieser ist so organisiert, dass über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen täglich in zwei Stunden jeweils ein Fach vertieft wird (Deutsch, Geschichte, Mathematik, Naturwissenschaften usw.). Schulfächer, die laufender Übung bedürfen (Fremdsprachen, künstlerischer Unterricht), kommen in den darauffolgenden Fachstunden zum Zug. Weil die Waldorfpädagogik die Kreativität wecken möchte, erarbeiten und gestalten die Kinder ihre Lehrbücher in Form von sogenannten Epochenheften.

Als Waldorflehrer*in schaffen Sie die Bedingungen, um Kindern entdeckendes Lernen und die Verknüpfung unterschiedlicher Wahrnehmungen zu ermöglichen. Deswegen haben Kunst, Sprache, Bewegung, Musik, Religion und Theater an Waldorfschulen einen hohen Stellenwert, auch in der Gestaltung einzelner Unterrichtsstunden. Als Lehrkraft verzichten Sie auf notenorientiertes Lernen und selektieren nicht nach Leistung: In ausführlichen Textzeugnissen steht die individuelle Einschätzung der Fähigkeiten der Einzelnen im Mittelpunkt.

Wen wir für die Waldorfschule suchen

Der Bedarf an „guten“ Lehrer*innen ist allgegenwärtig und schließt die Waldorfschulen nicht aus. Um ihren Schüler*innen ein breites Wissen zu vermitteln, setzen Waldorfschulen auch in ihrer Lehrer*innenwahl auf Vielfalt. Ausgebildete Lehrkräfte, die sich auf ihrer Suche nach neuer Orientierung der Waldorfpädagogik zuwenden und Absolvent*innen von pädagogischen Hochschulen und Lehramtsstudiengängen der Universitäten sind ebenso willkommen wie Quereinsteiger*innen, die bislang keine Berührung mit der Waldorfpädagogik hatten, sich aber fachlich, geistig und pädagogisch als Waldorflehrer*innen eignen. Denn wir gehen davon aus, dass es nicht nur gute Unterrichtsmethoden sind, die einen Menschen im besten Wortsinn zum/zur Erzieher*in machen.

Das Berufsbild

Die Lehrer*innenausbildung auf der Grundlage der Waldorfpädagogik setzt sich mit den theoretischen und praktischen Grundlagen der allgemeinen Erziehungswissenschaft und der Waldorfpädagogik sowie deren philosophischen, anthropologischen, wissenschaftstheoretisch-methodischen und historischen Hintergründen auseinander. Leitmotiv dabei ist es, durch ein innovatives, an der Entwicklung des Kindes orientiertes Lehrer*innen-Bildungsmodell Reformen und Entwicklungen in der Schulpraxis anzuregen. Damit leistet sie einen Beitrag zur Entwicklung aller Schulen in freier Trägerschaft, die immer auch Impulsgeber für das öffentliche Schulsystem waren. Viele im staatlichen Schulwesen in jüngerer Zeit realisierte Prinzipien sind schon lange traditionell in der Waldorfschule praktiziert worden. Beispiele dafür sind unter anderem:

  • Fächerübergreifendes Lernen
  • Praktisches Lernen
  • Integrative Lernformen
  • Fremdsprachenunterricht ab der ersten Klasse
  • Neue Formen der Leistungsbewertung
  • Größere Lerneinheiten
  • Überwindung des 45-Minuten-Taktes
  • Kein Sitzenbleiben
  • Ausbildung künstlerisch-schöpferischer Kreativität

Jede Stunde zählt – eine Kampagne des Bunds der Freien Waldorfschulen

Wie alle Schulen stehen auch Waldorfschulen vor der Herausforderung, neue Lehrkräfte zu gewinnen. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ob das etwas für Sie ist?

Der Bund der Freien Waldorfschulen informiert aktuell mit einer ansprechenden Kampagne über den Beruf als Waldorf-Lehrkraft.

In kurzen Filmen erzählen Lehrer*innen von verschiedenen Schulen über ihre ganz persönliche Motivation, von ihren Zielen im Unterricht und von ihren Wegen in die Waldorfpädagogik. Wer sich davon selbst inspiriert fühlt, findet gleich alle wichtigen Informationen zu Aus- und Weiterbildung, für Neulinge und Seiteneinsteiger*innen.

Die Filme sind berührend und ansprechend – auch wenn Sie aktuell keinen Berufswechsel planen: www.jedestundezaehlt.de

Mehr zu den Perspektiven einer Waldorflehrkraft können Sie hier auf den Seiten des Bundes der Freien Waldorfschulen lesen.

Weiteres Informationsmaterial zum Downloaden gibt es hier.