Englisch – Sprache will gesprochen und erfahren werden

Früher Englischunterricht an unserer Waldorfschule

Start schon für die Kleinsten

In der ersten bis dritten Klasse werden die Schüler*innen mündlich in einem weitgehend einsprachigen Unterricht in die Sprache eingeführt. Zunächst dient ganz das Prinzip der Nachahmung, aus dem Hören und Sprechen heraus, und die Unterstützung durch Bewegung dem ersten Sprachgefühl. Lieder, Spiele, allerlei Sprüche und Gedichte, fortlaufend erzählte Geschichten sowie kleine Dialoge vermitteln Klang und Rhythmus der englischen Sprache, verhelfen aber auch schon zu einem aktiven Gebrauch des Wortschatzes.

Folgende Wortschatzfelder werden in den ersten Schuljahren angelegt und geübt: parts of the body, classroom, colours, numbers, animals, plants, vegetables, fruits, clothes, weather, time, seasons, people and occupations, daily activities.

Auch in grundlegende grammatikalische Erscheinungen werden die Kinder übend eingeführt, ohne dass bereits die Regeln bewusst gemacht werden. Dazu zählen: Present und Past Tense, Simple und Continuous, einschließlich der Frage und Verneinung, Einzahl und Mehrzahl der Substantive, persönliches und hinweisendes Fürwort sowie wichtige Präpositionen. Die Sprache soll Spaß machen, gehört und aktiv gesprochen werden.

Weiterführung in der vierten und fünften Klasse

Wenn Kinder an Regelschulen erst beginnen, das erste Mal eine Fremdsprache als Unterrichtsfach zu haben, üben unsere Kleine schon wie selbstverständlich ihr bisheriges Wissen. Nach dem Entwicklungsschritt des neunten Lebensjahres, durch den sich die Kinder nun als der Welt gegenüberstehend erleben, werden in der vierten Klasse, unter Umständen bereits in der dritten Klasse, das Schreiben und Lesen der Fremdsprache eingeführt. Dabei wird zunächst an die in den ersten Schuljahren gelernten Texte angeknüpft, so dass die Kinder Vertrautem in neuer Form begegnen.

Auch auf dem Gebiet des Grammatikunterrichts wird dem Bedürfnis, sich den Dingen gegenüberzustellen, Rechnung getragen. Ähnlich wie beim Schreiben und Lesen treffen die Schüler*innen ebenfalls zunächst auf Bekanntes. So betrachtet man die in den ersten drei Schuljahren vorbereiteten grammatikalischen Formen und Strukturen nun genauer und macht sich erste einfache Regeln bewusst, die in einem Grammatikheft festgehalten werden. Dieses Heft soll mit größter Sorgfalt auch in den folgenden Schuljahren geführt, ergänzt und zum Nachschlagen verwendet werden.

Bis zum Ende der fünften Klasse sollen die Kinder mit folgenden grammatikalischen Erscheinungen vertraut sein: unbestimmter Artikel, Pluralformen des Substantivs mit Besonderheiten, Ordnungszahlen, wichtige Fragewörter, wichtige Präpositionen, Pronomen (Personal-, Possessiv- und Demonstrativpronomen), Unterschied von Adverb und Adjektiv, Steigerung des Adjektivs, einfache Fragemuster (Where is …?, Is it …?, Have you got …?) sowie jeweils in Aussagesatz, Frage und Verneinung Present Tense und Past Tense Simple („to do“-Umschreibung), die Verben „to be“ und „to have“ und das Present Continuous.

Nun werden die ersten Lektüren herangezogen, z.B. The Pancake, Dick Whittington oder Blinker. Zu den gelesenen Texten beantworten die Kinder schriftliche und mündliche Fragen, oder man spielt kleinere Szenen nach.

Bei der Vokabelarbeit umfassen die Themenbereiche das tägliche Leben und Landeskundliches ebenso wie die Inhalte der jeweiligen Lektüren. Ab Klasse fünf wird damit begonnen, die unregelmäßigen Verben einzuführen und zu üben. Das Gelernte wird regelmäßig in mündlichen und schriftlichen Tests abgefragt, auf die es jedoch keine Noten gibt. Schließlich wird das Singen und das Rezitieren von Gedichten weiter gepflegt.

Wortschatz, Grammatik und Erleben der Fremdsprache in der Mittelstufe

Mit der um das zwölfte Lebensjahr einsetzenden Pubertät wird der Blick der Schüler*innen ganz auf die sinnlich wahrnehmbare Außenwelt gelenkt. Gleichzeitig beginnen die Jugendlichen, sich ihrer eigenen Biografie, ihrer Schwächen und Stärken bewusst zu werden.

Für den Grammatikunterricht in der sechsten und siebten Klasse bedeutet das, dass man die Bildegesetze der Fremdsprache und die Unterschiede zur Muttersprache deutlich herausarbeitet. Bis zum Ende der achten Klasse sollen alle wichtigen Grammatikkapitel behandelt sein. Dies bedeutet, es treten noch hinzu: die „Simple“- und „Continuous“-Formen der übrigen Zeiten (Present/Past Perfect, Future I/II, Conditional I/II), Aktiv-Passiv, Fragen nach verschiedenen Satzteilen, „if“-Sätze, indirekte Rede, Satzstellung Subjekt-Prädikat-Objekt, alle übrigen unregelmäßigen Verben.

In der Wortschatzarbeit legt man Wert darauf, dass die Schüler*innen zu den englischen Wörtern stets deutsche Entsprechungen kennenlernen, weshalb in dieser Stufe auch der Gebrauch des zweisprachigen Wörterbuchs eingeführt wird. Doch achtet man weiter streng darauf, dass das bloße „Einpauken“ von Wortgleichungen vermieden wird und dem Wortschatzlernen der Erwerb von „einfühlendem Verständnis“ zugrunde liegt.

Als Inhalte der Textarbeit wählt die Lehrkraft für die jeweilige Klassengemeinschaft interessante historische oder zeitgenössische biografische Darstellungen oder Darstellungen tatsächlicher Ereignisse aus dem englischsprachigen Raum.

Von den Fragen zum Text kommt man schrittweise zum Nacherzählen eines Abschnitts und zum Zusammenfassen eines Kapitels. Weiter werden Kurzpräsentationen, das Briefeschreiben sowie die praktische Anwendung der Sprache in Alltagssituationen geübt.

Freies Sprechen, Verstehen und Anwenden

Inhaltlich orientiert der Fremdsprachenunterricht sich in der achten Klasse nach wie vor an Themen des Hauptunterrichts der Epochenfächer, wie zum Beispiel der Geschichte des Kolonialismus, der Industrialisierung oder der Poetik.

Weiterhin erfolgen mündliche Präsentationen, so dass das freie Sprechen vor Zuhörern eingeübt wird.

In allen Klassenstufen sollen die Französisch-Kenntnisse der Schüler*innen synergetisch zur Erschließung des romanischen Vokabulars im Englischen herangezogen werden. Vergleiche zwischen den Sprachen helfen, die Wortgemeinsamkeiten zu erkennen und für sich zu nutzen.

Biografien, Lektüren, Bildbeschreibung

Die Arbeit mit biografischen Erzählungen wird in der neunten Jahrgangsstufe fortgesetzt, wobei diverse Lebenserfahrungen eine wichtige Rolle spielen. Verwendung finden können beispielsweise Texte aus der aktuellen Reihe Who was…? zu Persönlichkeiten wie Serena Williams, Gandhi, Martin Luther King, Nelson Mandela und anderen. The Extraordinary Life of , Good Night Stories for Rebel Girls oder Stories for Boys Who Dare to be Different sind weitere Beispiele für beliebte Lektüren der neunten Klasse. Dazu treten Bildbeschreibungen anhand von Fotografien, Zeichnungen und Karikaturen auf den Lehrplan.

Die Schulung der Urteilskraft stellt dabei ebenso einen Unterrichtsschwerpunkt dar wie eine Heranführung an die Offenheit für fremde Kulturen, Sicht- und Denkweisen. Ziel ist es, dass die Schüler*innen individuelle Ausdrucksformen entdecken und entwickeln, wobei ihnen der Wortschatz zum Ausdruck des Seelenlebens aus dem Unterrichtszusammenhang an die Hand gegeben wird. Zusätzlich wird die Festigung der Grammatik angestrebt, insbesondere Konditionalsätze, Passiv und die indirekte Rede.

Poeten und Sprachkompetenz schulen

Thematisch stehen die Lake Poets mit ihrer romantischen Dichtung und die Industrialisierung in der zehnten Klasse auf dem Plan, wodurch sich der Englisch-Unterricht und der Poetik-Unterricht im Deutschen ergänzen sollen.

Gerne werden in dieser Klassenstufe Buchprojekte zum extensiven und umfänglichen Lesen eingesetzt, wobei die Schüler*innen selbstständig ein Epochenheft führen und verschiedene Aufgabenstellungen und Recherchefragen bearbeiten. Zur Auswahl stehen verschiedene aktuelle, ungekürzte Lektüren im Original, zum Beispiel The Machine StopsThe Secret Garden, Never Let Me Go, The Wave oder Holes. Das Lesen und Verstehen aus dem Kontext heraus und ohne häufiges Nachschlagen unbekannter Wörter wird ebenso geschult wie die mündliche und schriftliche Sprachkompetenz.

Je nach Klassengemeinschaft werden komplexere grammatikalische Strukturen wie participle structures eingeführt. Daneben liegt der Fokus auf den Feinheiten des stilistischen Ausdrucks.

Shakespeare im Klassenzimmer und live

In der elften Klasse werden die Perspektiven auf die Welt weiter verfeinert, indem der Aspekt des Sprachwandels hinzutritt. Einen bedeutenden Schwerpunkt stellt die Auseinandersetzung mit der Zeit William Shakespeares dar. Die Schüler*innen betrachten das Elisabethanische Weltbild, studieren Sonette und erarbeiten sich ein vollständiges Drama William Shakespeares in der Originalfassung. Dazu tritt die Beschäftigung mit der Erzählform der Kurzgeschichte, die die Schüler*innen häufig selbst zum kreativen Schreiben anregt, so dass sie sich diese Form umfassend erschließen. Durch die Arbeit an Zeitungen und die Lektüre von aktuellen Zeitungsartikeln, beispielsweise aus The Guardian, World & Press oder Read On wird das Verständnis für die Perspektive auch in Berichterstattungen geschult.

In der Grammatik werden typische englische Konstruktionen eingeübt, während im Bereich des Vokabulars das differenzierte Äußern der eigenen Meinung, das Argumentieren und die Rezeption von Bedeutung sind.

In dieser Jahrgangsstufe ist auch die Londonfahrt vorgesehen, bei der die Klasse eine ganze Woche lang die Sehenswürdigkeiten der britischen Hauptstadt entdecken, auf den heimischen Märkten in die Lebenskultur der Briten eintauchen und im Theater Shakespeare hautnah erleben darf.

Gegen Ende der Oberstufe wählen die Schüler*innen dann, ob sie Englisch als schriftliches oder mündliches Prüfungsfach im Abitur (drittes oder fünftes Prüfungsfach) wählen oder sich auf den Realschul-Abschluss vorbereiten wollen. In einer externen Prüfung kann optional auch der Qualifizierende Abschluss der Mittelschule absolviert werden.

Prüfungsvorbereitungen mit exemplarischen Themen

Die Prüfungsformate des schriftlichen und mündlichen Abiturs werden jetzt intensiv eingeübt. Der Englischunterricht orientiert sich in dieser Stufe verstärkt am Lehrplan der Gymnasien in Bayern.

In exemplarischer Auseinandersetzung mit Situationen und Themen des persönlichen Erfahrungsbereichs und des öffentlichen Lebens sowie mit Inhalten von globaler Bedeutung erwerben die Schüler weitere Kenntnisse über die Vielfalt anglophoner Kulturen.

Im Mittelpunkt der Realschul-Klasse steht die Erweiterung und Festigung der kommunikativen Fertigkeiten, vor allem im Hinblick auf die Aufgabentypen der zentralen Abschlussprüfung (speaking, listening, reading, use of English, guided writing). Der Unterricht orientiert sich stark an den staatlichen Vorgaben für die Mittlere Reife.

Die Schüler*innen üben sich darin, längere unbekannte Texte selbstständig im Detail zu erschließen und auszuwerten sowie die Intention der Verfasser*in, die Textsorte und die inhaltliche Gliederung eines Textes zu erkennen. Hinzu tritt exemplarisch die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen, wobei authentische Texte ohne Zuhilfenahme des Wörterbuchs verstanden werden sollen.

Egal welchen Abschluss unsere Schüler*innen anstreben, bei uns werden sie praktisch und realitätsnah ausgebildet, denn eine Sprache muss verstanden und gesprochen werden können, damit sie später im weiteren Leben hilfreich eingesetzt werden kann.